Objektmodell

Objektmodell

Eine moderne Industrieanlage ist ein sehr komplexes Systemgeflecht. In ihm müssen viele verschiedene Prozesse gesteuert und koordiniert werden. Das wichtigste Bindeglied ist dabei der Mensch. Nur er ist in der Lage, auf der Grundlage von Kenntnissen und Erfahrungen die richtigen Entscheidungen zur erfolgreichen Prozessabwicklung zu treffen.

Damit das überhaupt möglich ist, muss das benötigte Wissen zum richtigen Zeitpunkt und am richtigen Ort verfügbar sein.

Objektmodell

Betrachtet man den Betrieb einer Industrieanlage auf einer abstrakten Ebene, so lassen sich drei verschiedene Komponenten definieren:

  1. Die Industrieanlage in Form einer technischen Einrichtung. In ihr laufen alle verfahrenstechnischen, physikalischen und chemischen Prozesse ab.
  2. Der Mensch in Form des Betreibers. Er ist die leitende Instanz, die den Betrieb der Anlage erst möglich macht. Er ist mit seinen Entscheidungen für die korrekte Steuerung und Abwicklung der Prozesse zuständig.
  3. Die technische Anlagendokumentation. Sie enthält Informationen über ablaufende Prozesse und den Zustand der technischen Einrichtung und ist die Basis für die Entscheidungen des Betreibers.

Um einen vollständigen und reibungslosen Informationsaustausch der drei Komponenten untereinander zu gewährleisten, ist ein strukturiertes Datenmodell notwendig.

Warum ein Datenmodell überhaupt benötigt wird

Das Datenmodell beinhaltet die wesentlichen Objektbeziehungen, die bei der Abwicklung von Geschäftsprozessen in Industrieanlagen wichtig sind.

Außerdem soll es den Betreiber in der Entscheidungsfindung im Bezug auf die Betriebsführungs- und Instandhaltungsorganisation unterstützen.

Ein Datenmodell dient als Grundlage für eine Analyse aller notwendigen Informationen, die für Planung, Organisation und Kontrolle der Prozesse des täglichen Betriebes nötig sind.

Hierzu werden die Instandhaltungs- und Instandsetzungsprozesse einer Industrieanlage mit den dafür zur Verfügung stehenden Informationsquellen in Verbindung gebracht.

Das Prozessmodell der Instandhaltung zum Beispiel ermöglicht dem Anwender, jeden beliebigen Prozessablauf, wie die Revisionsplanung, das Sicherheitsmanagement oder die Prozesse des Beschaffungswesens in das Datenmodell zu implementieren.

Das Datenmodell soll zu einer Verbesserung der Informationsbereitstellung, -verwaltung und einer Steigerung der Effizienz bei der Nutzung von Ressourcen beitragen.

Vor der Entwicklung des Datenmodells sind einige Fragen in Bezug auf vorhandenes Wissen zu klären:

  • Wer braucht das Wissen?
  • Wann, beziehungsweise unter welchen Bedingungen wird das Wissen benötigt?
  • Wo steht das Wissen zur Verfügung?
  • Wie wird das Wissen gepflegt und vermehrt?
  • In welcher Form muss das Wissen bereitgestellt werden?

Konformität ist die Voraussetzung für jedes Datenmodell

Eine Grundvoraussetzung für jedes Datenmodell ist die Konformität zu aktuell geltenden Normen und Richtlinien, sowohl im Bezug auf die Anlagenkennzeichnung als auch auf die Standards von Betriebsmanagement- und Instandhaltungssystemen.

Ohne den Bezug zu diesen Normen und Standards wäre ein Datenmodell für den Betrieb einer Industrieanlage unbrauchbar. Neben der Benennung von Objekten und ihren Eigenschaften gilt es vor allem, eine solide Struktur zur Identifizierung der einzelnen Komponenten zu etablieren.

Anlagenbegehung Notwendigkeit

Aufbau des Modells

Der Grundgedanke bei der Entwicklung eines Datenmodells ist es, das Wissensmanagement an Informationen aus dem Daten- und Dokumentenmanagement zu knüpfen. Dafür muss eine Auswahl an verschiedenen Objekten getroffen und diese entsprechend klassifiziert werden.

Laut europäischer Norm EN 81346-1 ist ein Objekt im allgemeinen Sinne eine Betrachtungseinheit in einem Konstruktions-, Planungs-, Realisierungs-, Betriebs-, Wartungs-, und Demontageprozess.

Neben einem Namen bekommt jedes Objekt besondere Eigenschaften zugewiesen. In der Norm werden diese als „Spezifische Betrachtungsweisen“ beziehungsweise Aspekte beschrieben. Eine Betrachtungseinheit kann mehrere solcher Eigenschaften beinhalten. Es muss jedoch bei mindestens einem Aspekt die Möglichkeit der eineindeutigen Identifizierung gegeben sein. Im Datenmodell kann dies beispielsweise durch die Anwendung der Norm ISO TS 16952-10 realisiert werden. Diese beinhaltet die Inventarisierung von Kraftwerksanlagen mit Hilfe eines Referenzkennzeichensystems.

Objektmodell

Außerdem stehen die einzelnen Objekte in Relation zu anderen Objekten. Ein Objekt verfügt also über Wissen zu verschiedenen anderen Objekten. Die Beziehungen der Objekte im Datenmodell bilden die Brücke zwischen dem Wissensmanagement und dem Daten- und Dokumentenmanagement. So wird die Verfügbarkeit aller notwendigen Informationen für die Abwicklung eines Geschäftsprozesses sichergestellt.

Die Verbindung zweier Objekte bezogen auf eine Betrachtungseinheit wird bezüglich ihrer Fähigkeit, in Relation zu anderen Objekten zu stehen, betrachtet.

Ein Objekt besteht also aus:

  • seinem Namen
  • der Objektbeschreibung, die durch die verschiedenen Aspekte dargestellt wird
  • und die Fähigkeit, in Beziehung zu anderen Objekten zu stehen.

Die Modellierung eines Objektmodells

Bei der Modellierung müssen zwei Aspekte berücksichtigt werden:

  1. die komplette Beschreibung der Anlage
  2. die Handhabung von verschiedenen Geschäftsvorfällen der Instandhaltungsabwicklung

Deshalb wird das Datenmodell in zwei Bereiche aufgeteilt:

  1. Die Objekte der Technischen Anlage
  2. Die Objekte der Prozessabwicklung

Dabei werden sowohl die Objektbeziehungen innerhalb der beiden Teilbereiche, als auch die übergeordneten Relationen betrachtet.

Die getrennte Betrachtung der einzelnen Teilbereiche kann Aufschluss über die Informationen und Verknüpfungen im Bezug auf die Identifikation von Komponenten und Systemen der Anlage geben. Außerdem können auf diese Weise die Abhängigkeiten und Notwendigkeiten der einzelnen, an einem Prozess beteiligten Objekte erörtert werden.

Im Folgenden soll der Begriff Datenmodell ausschließlich für das übergeordnete Modell verwendet werden. Die beiden Teilbereiche Technische Anlage und Prozessabwicklung werden im weiteren Verlauf als Objektmodellebezeichnet.

Datenmodell (konkret)

Auf der ersten Ebene des Datenmodells gibt es neben den Objektmodellen Technische Anlage und Prozessabwicklung noch das Objekt Mitarbeiter. Es ist das Bindeglied zwischen den beiden übergeordneten Betrachtungseinheiten.

Wie bereits weiter oben erwähnt, ist der Mensch der Hauptentscheidungsträger beziehungsweise Koordinator. Ohne eine Instanz des Objektes Mitarbeiter ist keine Verbindung zwischen der Technischen Anlage und der Prozessabwicklung möglich.

Ein Geschäftsprozess kann nur ordnungsgemäß abgewickelt werden, wenn eine Person aus verschiedenen Informationsquellen Wissen bezieht und auf dieser Grundlage Maßnahmen einleitet.

Auch bei einem hohen Automatisierungsgrad einer technischen Anlage ist ein Mensch mit seiner Intelligenz unabkömmlich.